Ein praxisnaher Leitfaden für Marketingagenturen
Letzte Aktualisierung: Januar 2025
Die ISO 27001 ist nicht nur ein abstrakter Sicherheitsstandard. Sie ist ein konkretes Werkzeug. Damit kannst Du das Vertrauen Deiner Kunden steigern. Gleichzeitig schützt Du Deine Marketingagentur vor Datenpannen. In diesem Artikel erhältst Du einen verständlichen Überblick über die Anforderungen der Norm. Der Artikel beschreibt den Prozess von der ersten Bestandsaufnahme bis zum finalen Zertifizierungsaudit. Wir zeigen Dir ein fiktives Beispiel. Eine Marketingagentur namens SpotOn Media geht diese Schritte in der Praxis an. Sie setzt sie erfolgreich um.
Was ist die ISO 27001?
Die ISO/IEC 27001 ist das Kernstück der ISO/IEC 27000-Normenfamilie, die sich rund um das Thema Informationssicherheit dreht. Im Wesentlichen geht es darum, ein Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) einzuführen und ständig zu verbessern. Konkret bedeutet das: Du legst Prozesse, Richtlinien und technische Maßnahmen fest. Diese Maßnahmen schützen Deine Daten, Kundendaten und sämtliche IT-Systeme bestmöglich.
Warum ist das für Marketingagenturen relevant?
- Steigerung des Kundenvertrauens: Auftraggeber möchten sicher sein, dass mit ihren sensiblen Daten (z. B. Kampagnendaten, Budgetpläne) vertraulich umgegangen wird.
- Prozessoptimierung: Durch strukturierte Abläufe und klare Verantwortlichkeiten bringst Du mehr Effizienz in Deine täglichen Prozesse.
- Rechtliche Absicherung: Du kannst Dich besser gegen Datenverluste absichern und zeigst, dass Du auch in puncto Compliance (z. B. DSGVO) gut aufgestellt bist.
Kernelemente der Norm
Die ISO 27001:2022 ist in sieben Hauptkapitel gegliedert, die den gesamten Lebenszyklus eines ISMS abdecken:
- Kontext der Organisation (Kapitel 4)
- Hier klärst Du, welche externen und internen Faktoren auf Deine Agentur einwirken (z. B. rechtliche Rahmenbedingungen, Wettbewerbssituation).
- Führung (Kapitel 5)
- Das Management legt Leitlinien fest, um sicherzustellen, dass Sicherheit „Chefsache“ ist.
- Planung (Kapitel 6)
- Du definierst Ziele, Risiken und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf Deine ISMS-Strategie auswirken.
- Unterstützung (Kapitel 7)
- Ressourcen, Rollen und Verantwortlichkeiten, sowie Kompetenzen und Kommunikationswege werden festgelegt.
- Betrieb (Kapitel 8)
- Hier geht es um die praktische Umsetzung und den laufenden Betrieb Deines ISMS, z. B. Durchführen von Risikobehandlungen oder Security-Awareness-Schulungen.
- Bewertung der Leistung (Kapitel 9)
- Interne Audits, Management-Reviews und Kennzahlen: Du prüfst, ob alles wie geplant funktioniert.
- Verbesserung (Kapitel 10)
- Kontinuierliches Lernen und Anpassen: Du ergreifst Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen, wenn Schwachstellen auftreten.
Im Anhang A findest Du Referenzsteuerungsmaßnahmen in vier Bereichen (organisatorisch, personell, physisch, technologisch). Sie helfen Dir dabei, die passenden Kontrollen für Deine Agentur auszuwählen und anzupassen.

Beispiel: SpotOn Media geht die ISO 27001 an
Nehmen wir an, die fiktive Agentur SpotOn Media hat einen großen Kundenstamm und verwaltet sensible Daten für Werbekampagnen. Die Geschäftsleitung hat entschieden, ihre Prozesse mit der ISO 27001 auf ein neues Sicherheitsniveau zu heben. Wie gehen sie dabei konkret vor?
- Vorbereitung
- Das Management stellt ein internes Projektteam zusammen, bestehend aus IT-Leitung, HR-Verantwortlichen und einem Projektmanager.
- Gemeinsam definieren sie, welche Abteilungen und Standorte ins ISMS einbezogen werden (z. B. nur der deutsche Hauptsitz oder auch internationale Niederlassungen).
- Ist-Analyse
- Bei SpotOn Media wird eine Bestandsaufnahme gemacht: Welche sensiblen Daten gibt es? Wo werden sie gespeichert? Welche Software kommt zum Einsatz?
- Die ersten Risiken sind schnell identifiziert: unverschlüsselte Laptops im Außendienst, fehlende Notfallpläne und uneinheitliche Passwortregelungen.
- Dokumentation und Planung
- Die Agentur erstellt zentrale Dokumente wie die Informationssicherheitspolitik und Verfahrensanweisungen für den Umgang mit Kundendaten.
- Ein Risikomanagement-Prozess wird eingeführt, der festlegt, welche Risiken noch tolerierbar sind und welche dringend behoben werden müssen.
- Umsetzung
- Mitarbeitende von SpotOn Media werden geschult, wie man Phishing-E-Mails erkennt und wie Passwörter sicher verwaltet werden.
- Auf Anraten des Projektteams investiert die Agentur in Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA). Sie segmentiert das interne Netzwerk. So kann ein Angriff nicht das gesamte Unternehmen lahmlegen.
- Notfallpläne (Incident-Response-Pläne) werden erstellt, damit im Ernstfall klar ist, wer zu informieren ist und wie man schnell wieder arbeitsfähig wird.
- Überprüfung und Zertifizierung
- Nach einigen Monaten führt SpotOn Media ein internes Audit durch und korrigiert letzte Schwachstellen (z. B. eine fehlende Verschlüsselung für mobile Endgeräte).
- Ein externes Audit durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle steht an. Das Team ist gut vorbereitet: Die Dokumentation ist vollständig, alle Mitarbeitenden kennen ihre Rollen.
- Laufende Verbesserung
- Nach erfolgreicher Zertifizierung legt SpotOn Media fest, das ISMS jedes Jahr zu überprüfen und weiterzuentwickeln. So bleiben sie technologisch und organisatorisch auf dem neuesten Stand.
Der Weg zur Zertifizierung für Marketingagenturen
Wie das Beispiel von SpotOn Media zeigt, lohnt sich ein geplanter, strukturierter Ansatz. Folgende Phasen haben sich in der Praxis bewährt:
Phase 1: Vorbereitung und Analyse
- Dokumentation vorhandener Sicherheitsmaßnahmen
- Identifikation von Informationswerten
- Bewertung der Risiken und Definition des Projektumfangs (Scope)
Phase 2: ISMS-Aufbau
- Informationssicherheitspolitik erstellen
- Verfahrensanweisungen und Arbeitsanweisungen definieren
- Risikomanagement (Bewertungskriterien, Akzeptanzkriterien)
Phase 3: Implementierung
- Technische und organisatorische Maßnahmen (z. B. Firewall, MFA, Schulungen)
- Testen der Notfallprozesse
- Schulung der Mitarbeitenden
Phase 4: Interne Prüfung & Zertifizierung
- Internes Audit durchführen
- Management-Review
- Zertifizierungsaudit durch eine akkreditierte Stelle
Praktische Umsetzung für Marketingagenturen
Im Marketing-Umfeld sind besonders folgende Punkte wichtig:
- Kundendaten-Handling
- Sensible Kundendaten (z. B. Kampagnenbudgets, Targeting-Informationen) müssen verschlüsselt und mit klaren Zugriffsrechten versehen sein.
- Regelmäßige Überprüfung, ob Daten noch benötigt werden (Löschkonzepte).
- Sichere Projektabläufe
- Sicherheitsanforderungen schon bei der Kampagnenplanung berücksichtigen (Privacy by Design).
- Eindeutige Rollenverteilung in jedem Projekt: Wer darf Daten bearbeiten? Wer darf sie nur einsehen?
- Technische Basissicherheit
- Eine professionelle Firewall und Endpoint Protection sind Pflicht.
- VPN-Zugänge und verschlüsselte Kommunikation (TLS 1.3) für Remote-Arbeit sind unverzichtbar.
- Organisatorische Aspekte
- Personalmanagement: Bei Neueinstellungen klare Richtlinien zur Vertraulichkeit und Sicherheitsüberprüfungen.
- Dokumentenmanagement: Klassifikationsrichtlinien und eine eindeutige Versionskontrolle, um Fehler oder Unklarheiten zu minimieren.

Kosten und Aufwand
- Einmalige Kosten
- Beratungsleistungen und ggf. externe Projektmanager für den ISMS-Aufbau.
- Schulungen zu Themen wie Phishing-Erkennung oder Risikomanagement.
- Anschaffungen oder Erweiterungen im Bereich IT (z. B. Firewalls, Verschlüsselungslösungen).
- Kosten für das Zertifizierungsaudit selbst.
- Laufende Kosten
- Aufwand für regelmäßige Überwachungsaudits (i. d. R. jährlich).
- Pflege und Aktualisierung der technischen Systeme.
- Weiterführende Schulungen und Trainings für Mitarbeitende.
SpotOn Media hat beispielsweise rund vier Monate investiert, um ihre Prozesse zu strukturieren und technische Lücken zu schließen. Am Ende waren alle Projektbeteiligten überrascht, wie sehr sie nicht nur sicherheitstechnisch, sondern auch organisatorisch profitieren.
Erfolgsfaktoren
- Management-Commitment
- Die Geschäftsführung muss hinter dem Projekt stehen. Das schafft Akzeptanz und stellt sicher, dass Budget und Ressourcen zur Verfügung stehen.
- Mitarbeiter-Einbindung
- Frühe und transparente Kommunikation fördert die Motivation: Jede*r Mitarbeitende versteht, warum Sicherheit für das Unternehmen wichtig ist.
- Laufende Schulungen halten das Bewusstsein hoch und sorgen für nachhaltige Veränderungen im Arbeitsalltag.
- Pragmatischer Ansatz
- Fokus auf die wichtigsten Risiken zuerst, anstatt alle potenziellen Eventualitäten zeitgleich angehen zu wollen.
- Fortschritt in Etappen planen, damit das Team nicht überlastet wird und Erfolge sichtbar bleiben.
Weiterführende Ressourcen
- Offizielle ISO-Website zur ISO/IEC 27001
- BSI-Grundschutz und ISO 27001
- Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS)
Dieser Leitfaden basiert auf der offiziellen ISO/IEC 27001:2022 und Best Practices aus der Praxis. Für eine Zertifizierung sollte man mit akkreditierten Beratungsunternehmen zusammenarbeiten. Ebenso ist es ratsam, Zertifizierungsstellen einzubeziehen. SpotOn Media hat dies getan, um das Projekt erfolgreich abzuschließen.